Christof Grüger Freischaffender Künstler im architekturbezogenen Bereich
St. Bonifatius-Kirche in Leinefelde (1989 - 2009)
1989
begann Christoph Grügers gestalterische Auseinandersetzung mit
dem vom Architekten und Leiter des bischöflichen Bauamts Erfurt,
Wolfgang Lukassek, konzipierten Zentralbau für die St. Bonifatius-Gemeinde
in Leinefelde. Der Entwurfsprozess war durch einen fruchtbaren Dialog
zwischen Künstler, Architekt und Nutzer geprägt. Nachdem die
Kubatur des Kirchenbaus bereits durch den Architekten entwickelt worden
war, verschloss sich dieser nicht einer Anregung Christof Grügers,
die Altarwand mit einer Rosette aufzubrechen und so abends mit Beleuchtung
eine Fernwirkung in den städtischen Raum zu erzielen. Überhaupt
spielte die Auseinandersetzung mit dem baulichen Umfeld eine Rolle -
so wurde bei der Verglasung auch die Verschattung durch unmittelbar
angrenzende Wohnblöcke, von denen einige mittlerweile abgerissen
sind, berücksichtigt. |
Zunächst erfolgte die Gestaltung der Fenster der nach Süden orientierten Kirche: Die natürliche Schöpfung (Evolution) in der Südostfassade führt auf den Altarraum zu. Die sechs vertikalen, treppenartig ansteigenden Fensterbänder bilden in wirbelnden Kleinstrukturen die Doppelhelix der DNS ab, aus grauen „Urschlamm“-Tönen über Grüntöne („Welt der Pflanzen“) und Türkistöne („Welt der Wasserwesen“) im „Blau des Geistigen“ mündend, sozusagen nach oben offen. |
In der Rückwand des Altarraumes wird das himmlische Jerusalem in einer Betonglas-Rosette, ausgeführt noch vor der Wende, mit dem Lamm Gottes im Mittelpunkt abgebildet. Zur Außenseite heben sich die aus einem kubistischen Blickwinkel dargestellten 12 Stadttore plastisch ab und wirken gleichsam offen stehend, mit ihrer weißen Verglasung ein Zitat von Luthers Beschreibung der himmlischen Stadt „gebaut aus durchsichtigem Golde gleich dem reinen Glase“. |
Nach der Wende erfolgte dann die Bleiverglasung des westlichen Altarraumfensters: Über drei Ebenen sind in neun Fensterbahnen verschiedene Engelshierarchien (Erzengel, Cherubim, Seraphim) dargestellt, die die geistige Schöpfung symbolisieren und den Altarraum gleichsam erleuchten. Die über die Mittelachse gespiegelte, der „Evolution“ gegenüberliegende Südwestwand wird durch eine weitere Rosette aus plastischen Kristallen, einem Zitat des Labyrinths aus der Kathedrale von St. Quentin, beherrscht, die als Rückwand für den Tabernakel dient. Das darüber ’gen Himmel strebende, vertikale Fensterband nutzte Grüger, angeregt durch die Sprossenteilung, für das Motiv der Himmelsleiter in Jakobs Traum. |
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Die Installation des "Gläsernen Kreuzes" im Frühjahr 2009 stellt den Abschluss der Umsetzung des Bildprogrammes für die St.-Bonifatius-Kirche in Leinefelde dar. (Siehe auch: Aktuelle Arbeiten) Für das „gläserne Kreuz“ war die Raumsituation entscheidend mit dem einseitigen Lichteinfall im Altarraum. Das optische Gesetz: Einfallswinkel = Ausfallswinkel funktioniert nicht nur bei Spiegel und Prisma (Letztes schwebte mir ursprünglich vor, doch Prismen hätten zu einem viel zu hohen Gewicht geführt). Beobachtungen bei durchsichtigen Scheiben in paralleler Reihung brachten die Lösung. Das Licht durchdringt die Reihe und wird von jeder Scheibe entsprechend reflektiert. So wurde es möglich, eine reflektierende Lichtfläche zu erzeugen, deren Umriss die Lichtgestalt ergibt. Ein Versuch mit durchsichtigen Plastikstreifen im Winkel von 45° auf Acrylglasscheiben geklebt, bestätigte die Erwartung. |
Das über dem Altar hängende Kreuz soll in bildnerischer Fortführung der Akklamation im eucharistischen Hochgebet – „Deinen Tod oh Herr verkünden wir (Grablegung) und Deine Auferstehung preisen wir (aufwallendes Grabtuch) bis Du kommst in Herrlichkeit!“ – in transparenter leuchtendfarbiger Malerei auf Glas die Wiederkunft Christi, zwischen der Rosette des „Himmlischen Jerusalem“ und dem Altar frei hängend, die weiße Altarwand bestimmen. Es war meine Empfehlung, die Herrlichkeit in farbiger Glasmalerei zu gestalten – als Steigerung zum bisherigen Schwarz-Weiß der Grisaille-Technik. Aus dunklem Purpurgrund der Vertikalen scheinen Galaxien – schmücken gleichsam die Schultern des aus dem Hintergrund aufleuchtenden „Kosmischen Christus“. In seinen gebreiteten Armen trägt Er die blaue „Himmelwoge“ – nahe dem Herzen in der Gegend der Seitenwunde – die Sonne. In der Himmelswoge schwimmen die fünf zu Jesu Zeit bekannten Planeten im Meer der Zeit. Die stigmatisierten Füße ragen über das Kreuz hinaus – dringen ein in unsere durch pflanzliches Leben ausgezeichnete Erdenwelt unter dem Regenbogen, dem Zeichen des Friedens mit der Schöpfung. Grünen Flammen gleich umspielen Pflanzen die Lichtgestalt, assoziieren den „brennenden Busch“, sind Hinweis auf die Entstehung ersten Lebens im Wasser mit seiner Bedeutung für den Atem unserer Welt. Das Himmelslicht lässt die Lichtgestalt aus reflektierenden Glaslamellen aufleuchten, durch die Anwendung des optischen Gesetzes: Einfallswinkel = Ausfallswinkel – in Analogie zur Formulierung des „Großen oekumenischen Glaubensbekenntnisses von Nicäa: „Licht vom Licht“ – „Gott vom Gott“ – „Eines Wesens mit dem Vater“. |